Jaarboek 1985-1986 - pagina 39

dass man sie will. Wenn sie nicht zustande kommt, dann weil man sie nicht gewollt hat. Wenn sie spat zustande kommt, weil man sie nicht wichtig gefunden hat. Sie wird zustande kommen, wenn man sie will. Wer ist 'man'? Nun, 'man', das sind die Christen. Das sind die Kirchen. Wer sind die Christen? Nun, das sind z.B. wir, die wir heute nachmittag in diesem Saal versammelt sind. Wenn man es will, wird es zustande kommen. Wenn eine relevante Minderheit es will, wird die Mehrheit mitmachen. Wenn sich keine relevante Minderheit bildet, die es will, dann soil man es bleiben lassen, und man wird die Folgen zu tragen haben. Was soil die Versammlung sagen? Die Wahrheit! Ja, was kann denn diese Aussage bewirken? Antwort: Die Wahrheit wirkt dann am tiefsten, wenn sie nicht aus Angst gesagt wird, und wenn sie nicht gesagt wird um einen Zweck zu erreichen, sondern weil sie die Wahrheit ist. Das ist eine alte Erkenntnis. Aber was ist denn die Wahrheit? Diese Frage hat ja bekanntlich schon ein römischer hoher Beamter gestellt. Pilatus: 'Was ist Wahrheit?' Und Pilatus stellte die Frage des Skeptikers. 'Du weisst ja auch nicht, wenn du von Wahrheit redest, was du meinst!' Nun möchte ich zu dieser Frage sagen, es ist nicht die Aufgabe einer solchen konziliaren Versammlung sich hinzustellen mit dem Pathos des Propheten und zu sagen: Ich sage euch nunmehr den Willen Gottes! Das ist nicht ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe ist rational zu überlegen, was sie mit gutem Gewissen wird sagen können. Selbsternannte Propheten sind eine sehr verdachtige Sache. Wenn Sie in der Bibel nachlesen, wie ein Prophet zum Propheten wird, lesen Sie z.B. den Anfang von Jeremia: Der Prophet ist entsetzt iiber die Aufgabe als Prophet zu sprechen. Er sagt, Gott schicke einen andern, ich bin zu jung, ich bin nicht geeignet! Wer sich nicht wehrt dagegen, einen prophetischen Auftrag zu bekommen, ist wahrscheinlich kein Prophet, sondern nur ein von sich selbst iiberzeugter Mensch, der nicht sieht, dass man auch anderes meinen kann als er. Wenn aber die Anstrengung gemacht wird, in gemeinsamer Wahrheitssuche, in offenem Gesprach mit genau denjenigen, mit denen man, wie man weiss, nicht einig ist, aber mit denen man verbunden ist, in diesem Falle im christUchen Glauben, wenn diese Anstrengung gemacht wird, dann kann es sein, dass die sorgfaltig rational iiberlegten Ausserungen, die man tut, prophetische Qualitat bekommen. Nicht, weil es die Absicht war, sondern weil man den Wahrheiten dann nicht entgehen kann. Das ist die Vorstellung, die ich jedenfalls von dieser Sache gewonnen habe, und das kann ja nur die Tat dann beweisen. Ich sage hier noch ein Wort, das ich vielleicht hatte vorher sagen mussen zu der Frage der Teilnahme. Nach Assisi hat der Papst auch die nichtchristlichen Religionen eingeladen. Und die Frage ist, warum spreche ich hier erstens überhaupt von Religion, und warum spreche ich nur von den Christen? Warum sollen nicht auch andere Leute, irreligiöse Leute so etwas tun? Meine Antwort ist: Sie sollen es auch tun, wenn sie nur können! Es ist ja gar nicht so, dass nur die Christen gefragt sind, und es ist mir sehr bewusst, dass die christiiche Kirche, gerade im Problem von 37 w

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