Jaarboek 1988-1989 - pagina 39

nationale Sicht z.B. in der Geschichte und den Geisteswissenschaften nicht mit den Forderungen der intellektuellen Redlichkeit zu vereinen. Aber wir brauchen auch eine multidisziplinare Erforschung der sich schnell verandernden politischen, gesellschaftlichen, wirtschaflichen und technologischen Bedingungen, in denen sich Europa entwickelt. Wir brauchen ein vertieftes Verstandnis für die interkulturelle Kommunikation im grosseren Europa. Europastudien können überdies einen wesentlichen Beitrag leisten für ein neues Konzept von Allgemeinbildung, mit dem wir in Europa leben können. Was muss ein gebildeter Europaer wissen und können? Die Universitaten in Europa werden nicht auskommen ohne neue Konzepte von Allgemeinbildung, die die alten national gefarbten Vorstellungen ersetzen. 2. Brauchen wir europaische Universitaten oder eine Europaisierung unserer Universitaten? Das wichtigste erscheint mir die europaische Oeffnung der bestehenden Universitaten. Sie entspricht auch dem Ziel, Vielfalt und Reichtum der europaischen Tradition zu wahren. Spezifische europaische Einrichtungen werden wohl die Ausnahme bleiben und nur für besondere Zwecke errichtet werden, z.B. ein graduate-Studium spezifischer EG-Fragen. 3. Bedeutet die Oeffnung innerhalb der Europaischen Gemeinschaft? Sicher nicht. Denn dat Experiment Europa zielt nicht auf eine neue Teilung unseres Kontinents in einem Augenblick, in dem wir erfahren, dass viele Jahrzehnte erzwungener Trennung die alten Bande gemeinsamer Kultur und überzeugungen nicht haben zerbrechen können. Für den politischen Wandel in ihren Landern werden die Universitaten in Osteuropa eine entscheidende Rolle spielen. Wir können und mussen ihnen bei der Oeffnung nach Europa helfen. Sie werden uns helfen, einen wesentlichen Teil Europas neu zu erfahren. Die Nachkriegsgeneration europaischer Studenten erinnert sich noch sehr genau, dass es nicht nur der Marshallplan war, der uns aus der politischen und geistigen IsoUerung nach dem Kriege herausgeholfen hat, sondern auch das Fulbright-Programm, ein grosszügiges Austauschprogramm der Amerikaner für europaische Studenten und Professoren. "Europa 92" ist eine Herausforderung für unsere Universitaten, ein heilsamer Zwang zu Reform und Oeffnung, aber sicher kein Anlass, die grossen Chancen und Aufgaben zu ignorieren, die gesamt europaische Entwicklungen mit sich bringen. Ein gemeinsames Austauschprogramm mit Osteuropa ware die rechte Erganzung für die Reformen, die der europaische Binnenmarkt unseren Univertaten abfordert. Man sollte es nach Monnet nennen, dem geinstigen Vater der EG, der am Ende seines Lebens bekannte: "si je l'avais a refaire, je commencerais par la culture". 4. In wellcher Sprache soil sich die Oeffnung unserer Universitaten nach Europa vollziehen? 37

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